Einlaufkinder #10

Von am 25 Jun 2013 | Einlaufkinder

Politik und Gesellschaft und Fussball. In der Reihenfolge und mit abnehmenden Anteilen. Als Fred dann am Ende geheime Codewörter vereinbaren wollte, war das Akku leer. Damit bleiben die dann auch geheim.

Mario Gomez

Von am 24 Jun 2013 | Geht auf's Haus!, Stammgäste

Wenn ich zum Karstadt hier ums Eck gehe, denke ich immer an Mario Gomez.

Immer.

Das liegt an der Drehtür. Aktionsradius 5 Meter, kann außerdem nur eine Sache, die aber dafür erstaunlich gut: immer dreht sie sich zu schnell. Keine Oma, die den Karstadt schonmal betreten hat und ein zweites Mal diese Tür nutzt; kein Hund mit Widerristhöhe unter 30 cm, der nicht schon beim Anblick des Kaufhauslogos das hecheln beginnt. Niemand mit Knie-OP, der nicht schon einmal vor lauter Wut gegen die Glastüre getreten hätte.

Ich springe da ein bisschen kurz, Mario Gomez kann mehr als sich drehen. Er ist schnell, kopfballstark, beidfüßig, und wahrscheinlich hat er schon seit Jahren nicht mehr geduscht, denn erstaunlicherweise ist um ihn herum immer Raum. Man könnte Mario Gomez auf eine kleine, verwinkelte Kreuzzung stellen für eine Nacht, danach wäre sie so weitläufig wie der Platz des Himmlischen Friedens. Mario Gomez dehnt den Raum.

Es ist kein Geheimnis, dass ich kein besonders großer Fan von Mario Gomez bin. Es ist zum einen diese lässige Uneleganz, die mich zusammenzucken lässt. Wenn der Ball von Ribéry auf Gomez geht, kommt er mir vor, als würde er während des Passes schrumpfen: das kann doch nicht das gleiche Objekt sein, das sich vom einen so willenlos und hingebungsvoll schmeicheln lässt, und beim anderen plötzlich aussieht wie die Nähnadel in der Hand eines Donnerriesen. Der sie ja trotzdem zu handhaben weiß, klar, aber ich habe keinen Blick für diese angestrengte Könnerschaft, die so überhaupt nicht virtuos wirkt, sondern brachial und ein wenig ungelenk.

Das andere ist: Er ist ein Stürmer, der nur bei Spielzusammenfassungen gut aussieht. Man kann stundenlang Bayern-Material zusammenstellen, wo man ihn schlicht nicht wahrnimmt, wo er nicht stattfindet, und wenn er dann ganz plötzlich auftaucht, ist alles vorbei. Im Grunde ist er, Mario Gomez, Slenderman.

Ich mag den Spielstil nicht, den er einer Mannschaft aufdrückt. Der Fußball unserer Zeit unterscheidet sich von dem der 90er Jahre maßgeblich dadurch, dass Bälle auf den Stürmer nicht mehr Bälle in die Spitze sind. Es gibt Ausnahmen, Freiburg mit Cissé, die hunnenhaften Konterüberfälle Hannovers vor zwei Jahren, aber im Grunde ist ein Stürmer inzwischen auch eine Relaisstation, die aus einem komplizierten Anspiel einen schönen Spielzug machen können soll.

Das ist ja nun gar nicht Gomez Metier, obwohl er sich redlich mühte, auch mal einen Ball abzulegen. Aber seine ganze Technik, sein ganzes Fußballerwesen ist auf den Todesstoß ausgerichtet. Man nennt ihn den Torrero, dabei ist er doch der Puntillero, jener Helfer, der nach von anderen getaner Arbeit dem Stier endgültig den gar ausmacht.

Ich glaube, Gomez ist bei einer schwächeren Mannschaft, die weniger spielerisch dominant sein kann als die Bayern, besser. Warum nicht Florenz, da fehlen ohnehin noch weite Plätze.

Why Carla Dauden isn’t going to the World Cup

Von am 20 Jun 2013 | Geht auf's Haus!, Kurze

San Romario

Von am 20 Jun 2013 | An fremden Brettern

Lesen Sie bitte zunächst einmal diesen Artikel über Romario, bevor Sie hier weitermachen, ansonsten haben Sie von den folgenden Zeilen nicht so viel.

Wieder da? Nun gut.

Ich habe diesen Artikel gestern mit Freude gelesen; nicht so gerne wie dieses Stück über den amerikanischen Bürgerkrieg, aber doch sehr gerne; aber gestern schon schlich sich in mein hitzevernebeltes Hirn der Gedanke, das an dem Text etwas nicht stimmt, und zwar ganz grundsätzlich.

Ich weiß jetzt, nach einigen Minuten Schlaf, auch, was das ist: Er stimmt zu sehr. Er ist zu glatt. Die Geschichte ist zu sauber, sie geht zu gut weg.

Es fängt schon damit an, wie Romario eingeführt wird: nicht etwa als Quertreiber, auch nicht als Paria, was beides denkbar gewesen wäre, sondern als souveräner Rebell, der sich den Gepflogenheiten eines korrupten Politikbetriebs widersetzt; der, ganz Antipolitiker, sich dem Volk zuwendet statt dem Wähler, der alle meint, die ganze Gemeinschaft, vor allem jene, die von den anderen vergessen werden; da wissen wir noch nicht, dass das vor allem die Armen, Schwachen, Ausgestoßenen sind, aber wir ahnen es schon.

Romario also, das klingt zwischen den Zeilen immer wieder durch, war ein genialer Fußballer, hinterhältig und verschlagen wie seinerzeit nur Pippo Inzaghi (das steht da nicht), außerhalb des Platzes ein Hallodri, der das Leben zu genießen wußte; er hätte dieses sein Leben voller Jux und Dollerei weiterführen können, er hätte eine der unzähligen Plastikdenkmale seiner selbst werden können, wie es viele begnadete brailianische Fußballer geworden sind, sich einen Posten ergattern können und sein Geld verprassen; ein Fall für die Bunte, man denkt an die Geschichte mit dem verlorenen Sohn, der es am Ende aber doch in die Zeit geschafft hat.

Denn es kam der Bruch, der karthartische Moment (den Marian Blasberg zunächst noch ausspart): seither ist er ein Politiker, ein echter, der arbeitet und Sachen macht für die Armen, Schwachen, Ausgestoßenen; einer, dem kultische Verehrung gebührt, wie man sie hierzulande nur noch Toten entgegenbringt, Liebknecht, Luxemburg, Jaurès. Ein Fußball-Sozialist.

How comes? Oder in den Worten Marian Blasbergs: „Was also ist passiert mit diesem Mann?“

Die Läuterung kam durch den Geburtskanal seiner Exfrau und hat Trisomie 21; seine Tochter Ivy.

Wenn man so will, markiert dieser besondere emotionale Moment auf dem Spielfeld exakt den Wendepunkt in Romários Leben. „Ohne Ivy“, sagt er, „säße ich nicht hier.“ Es sei ein Schock für ihn gewesen, sagt Romário, als er die Diagnose gehört habe. Mit so etwas wie einer Behinderung habe er nie zu tun gehabt. Es seien Wochen gewesen, in denen er sich fragte, was er falsch gemacht habe. Aber dann machte etwas Klick, irgendein Schalter habe sich umgelegt. Romário dachte: Vielleicht ist Ivy eine Botschaft, ein sonderbares Geschenk, das mir der liebe Gott in den Schoß gelegt hat.

Auch das ist eine Erzählung, die man kennt: dass Eltern mit behinderten Kindern deren Geburt als Prüfung begreifen, als Aufgabe und Herausforderung, gerne auch göttlich überhöht. Ein bisschen Hiob, möchte man meinen, und ein bisschen Jesus Christus auch. Etwas, das sie in ihrem Innersten umkrempelt, exemplarisch bei Romario:

Er erfährt etwas, das er in den Nächten auf der Piste nie gefunden hat, eine unschuldige Liebe, eine Beziehung ohne Hintergedanken. „Es ist wichtig, Dinge zu geben, ohne zu erwarten, dass man etwas zurückbekommt. Ich habe früher sehr viel falsch gemacht“, sagt Romário.

Wir haben hier also die Geschichte des genialen Tunichtgut, des nachlässigen, egozentrischen Stars, der durch die Konfrontation mit etwas Höherem, Reellerem geläutert wird und zu schenken lernt; wobei das Höhere, Reellere die Behinderung der Tochter ist (nicht etwa die Tochter, ein Kind reicht nicht aus, sonst hätte das auch der Sohn geschafft, dessentwegen er jetzt Champagnergläser zerschmeißt), nein, es muss schon ein besonderes Kind sein, das ihn zur Einsicht zwingt.

Nach dem zweiten Lesen zerfällt mir der Text in viele kleine christliche Bruchstücke, in Mythen und althergebrachte Erzählungen. Zusammengehalten wird das Ganze mit ein bisschen Rührseligkeit, einer kleinen Dosis Pathos und eine Figur zum Hauptdarsteller hat, die man hier nicht allzugenau kennt, aber deren Namen man schon mehrfach gehört hat. (Über keinen deutschen Spieler könnte man so schreiben.)

Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: das ist ein hervorragendes Stück, rund und mit Tempo, kenntnisreich und sauber formuliert. Aber vielleicht ist gerade das das Problem, das es nirgendwo hakt und derart glattgeschliffen ist, dass einem die Geschichte durch die Finger flutscht. Es ist ein Gefühl, dass mich bei Zeit-Artikeln oft befällt: Was man dort für guten Journalismus hält, ist allzuoft nur schlechte Literatur.

(To do: Eine Hagiographie Romarios schreiben, oder vielleicht besser noch: eine Entsprechung finden, die man hier besser kennt als nur vom Namen her und ein paar Toren in Gelb; aber wer könnte das sein?)

Zwischenklimbim

Von am 03 Jun 2013 | "Mach ma n Zettel"

Weiß Gott, ich habe zu wenig Fußball gesehen dieses Jahr.

Das lag an vielen Dingen, wobei „viele“ hier strenggenommen nur zwei heißt: Die neue Arbeit. Und das Buch. Das sind einfach mal 45 Stunden weniger die Woche, das merkt man schon an der ein oder anderen Stelle. Ich habe häufiger im Stehen gegessen als normalerweise üblich, oder sagen wir: das neue im Stehen essen, nämlich den Backcamembert vor dem Rechner essen und dabei großflächig in die Tastatur krümeln.

Deswegen (auch) habe ich mich kaum mit dem Klimbim drumherum auseinandergesetzt, hin und wieder spülte Twitter oder Facebook den ein oder anderen Schnitz vom Apfelbaum der Kuriositäten herbei, Titelseitenthemen sind mir, hallo Herr Hoeneß, natürlich auch nicht entgangen, aber sonst? Kaum ein Zweitligaspiel gesehen, Bundesliga nur jedes zweite Wochenende, CL ein bisschen mehr (aber immer Paris verpasst, da würde mich dann doch interessieren, wie und was die spielen, ob man einen Oligarchenstil herausdestillieren könnte, oder ob der Gedanke Unfug ist, nächstes Jahr dann), live wenig (außer Hertha und deren jeweiligen Sparingspartnern), keine Meinung zu Neymar, zu Fürth, immerhin funktionieren noch viele Reflexe; über Sammer müsste ich mal schreiben, während der Sommerpause.

Überhaupt, Sommerpause, es ist ja EM in einem Monat, das hat wahrscheinlich keiner mitbekommen, weil die deutschbesoffenen Medien über nichts berichten, was in Schweden stattfindet, außer Amokläufen. Das wird also Thema werden, warum Bayern halt eben nicht eine Jahrhundertmannschaft ist, und außerdem könnte man tatsächlich Hoeneß revisiten (dabei auch die Frage, wie man das eigentlich hinkriegt, jemandem einen Knastaufenthalt zu wünschen, und ob ich da nicht zu gefühlig bin, wenn ich diese Frage stelle), vor allem auch: Abschiedstext für Mario Gomez! Darauf hab ich mich seit Jahren gefreut.

Ich hab bestimmt noch was vergessen, was hat euch denn interessiert? Eventuell leiht mir ja jemand seine Inspiration, da würde ich dankbar den Hut zücken.

Einlaufkinder #09

Von am 23 Mai 2013 | Einlaufkinder

Zum Ende einer spannungsarmen Saison, nach fast drei Monaten Verletzungspause, aber doch rechtzeitig zu Relegation und Champions League-Finale wieder fit: Die Einlaufkinder, wie immer mit frischem Pils an jeder Hand.

Einlaufkinder #07

Von am 14 Feb 2013 | Einlaufkinder

Derby, Derby, Derby. Gegen Ende ein wenig Lewandowski, Feuilletonkritik und zur Abrundung noch mehr Hertha.

Einlaufkinder #06

Von am 23 Jan 2013 | Einlaufkinder

Our wandering days are over. Zumindest was die Kneipensuche angeht. Der Alt-Tegeler Dorfkrug hat ein ruhiges Raucherzimmer, Biergläser kann man gut einstecken und die Jukebox ist mit Hertha-Songs bestückt. Was brauchen wir mehr. Inhaltlich treibt es uns weiterhin weit herum: Von Poldi in England, geht’s über die Handball-WM, zum St. Jakob in Basel und Pep in Bayern. Über Nachgetrete in Hoffenheim und Wolfsburg kommen wir zum Afrika-Cup und landen schließlich beim Kind in Hannover.

Einlaufkinder #05

Von am 19 Dez 2012 | Einlaufkinder

Wir haben wieder Gäste! Richard sagt zwar nicht viel, sieht dabei allerdings entzückend aus, und Hannes erzählt vom schönsten Fußballplatz Berlins, seinem VfB Stuttgart und Twittern mit Ibrahim Traoré. Zwischendrin geben wir uns unserer vorweihnachtlichen Stimmung hin und schimpfen viel mit der Hertha (Fred) und mit Fred (Nico). Außerdem: das traurige Leben eines Schiedsrichters, warum authentische Trainer scheiße sind und die über den Kontinent zerbröselte EM 2020, die zwei von uns gut finden und der dritte weißnochnicht.

Die Tonqualität verbessert sich übrigens im Laufe der Zeit, weil die zwei Schnapsnasen vom Nachbartisch irgendwann das Etablissement verlassen.

Einlaufkinder #04

Von am 28 Nov 2012 | Einlaufkinder

Randale, Bambule, Frankfurter Schule. Uns beschäftigt immer noch das Konzept „Sicheres Stadionerlebnis“. Bei der Pyrodiskussion hat Nico rechtlichen Beistand. Fred liest Diplomarbeiten über Kloppo und lobt darüber hinaus den Mo Idrissou.

Wir sind jetzt auch im iTunes-Podcast-Verzeichnis.

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