Was ist ein Optimist? Ich habe keine verdammte Ahnung. Ich könnte jetzt einen lustigen Satz aufsagen, irgendwas daherplappern. Tatsächlich aber weiß ich es schlicht nicht. Ich bin nämlich keiner. Ich kann mich auch in keinen reindenken. Ich bin unfähig, die Gedankenwelt eines Optimisten zu erfassen.

Ich kann mir alles vorstellen. Und gerade mit dieser französischen Mannschaft. Es ist, als hätten sie den richtigen Göttern geopfert; als wären sie gesalbt worden; als hätte irgendwer seine segnende Hand auf sie gelegt.

Es begann direkt im Eröffnungsspiel, mit diesem Tor von Payet, diesem Tor, von dem er sicherlich seit Kindheitstagen geträumt hat. Es ging weiter gegen Albanien, als man in letzter Minute ein nicht sonderlich überzeugendes Spiel nochmal umbog. Im Achtelfinale das Spiel gegen Irland, als man nach einer sehr schwergängigen Stunde in keiner Zeit einen Doppelschlag ansetzte, ein Wunder eigentlich bei der bisherigen Chancenverwertung der französischen Mannschaft. Und dann gegen Island, wieder zwei Doppelschläge, und vor allem: das Tor zum 5:1, das den aufopferungsvoll nach vorne spielenden Isländern endgültig – hier darf man das eigentlich erst recht nicht sagen, aber was solls – den Wind aus den Segeln nahm. Schlußendlich die Führung gegen Deutschland, keineswegs zu einem psychologisch, wohl aber zu einem strategisch wichtigen Zeitpunkt, gerade auch deswegen, weil der deutschen Mannschaft am Ende ein wenig die Kraft ausging.

Die französische Mannschaft ist deswegen unberechenbar, weil ihr Dinge dann gelingen, wenn sie dringend gelingen müssen; aber hält dieses Glück in einem Endspiel? Gegen derart gut organisierte Portugiesen?

Warum ich glaube, dass es gelingen kann, ist die schiere Körperlichkeit im Mittelfeld. Renato Sanchez ist ein zauberhafter Fußballer mit ausgezeichneter Ballkontrolle, aber wenn Pogba auf einen zurennt, sucht man sich dann doch mal schnell einen Platz zum Unterstellen.

Ich hoffe, dieses Spiel wird im Mittelfeld entschieden, nicht über Konter. Nicht über Standards. Sollte dem so sein, bin ich vorläufig optmistisch.

Jedenfalls, was das Sportliche anbelangt.