Wir ist ein anderer
Von frederic am 24 Jun 2014 | Cachaça, Tresenmonologe
Es ist so: Ich habe kein Vaterland. Meine Vorfahren stammen aus Böhmen, Niederösterreich, Oberbayern, Belgien, Paris und der Normandie, in meinem Stammbaum finden sich mehrere SS-Schergen, Kollaborateure und eine französische Widerstandskämpferin, die drei Jahre in Bergen-Belsen saß. Kürzlich erfuhr ich, dass meine Ururgroßmutter eine rumänische Zigeunerin gewesen ist, und das der andere Zweig meiner Familie wahrscheinlich aus der Nähe des Aostatales kommt.
Ich bin eine europäische Straßenmischung.
Und ich bin kein Ausländer. Kein richtiger jedenfalls, man sieht es mir nicht an, dass sich mein Genpool nicht aus Leuten speist, die seit Jahrhunderten Ackerland in Donaunähe umgepflügt haben. Ich spreche einwandfrei deutsch, zumindest bis zum vierten Bier. Oh, ich trinke Bier! Sarrazin wäre stolz auf mich.
In meiner Kindheit und Jugend war ich Ausländer. Ich bin in einem Kaff aufgewachsen. Es gab dort zwei Ausländer, eine Schweizerin und meinen französischen Vater, der das Pech hatte, Deutsch auf dem Bau zu lernen. Seither spricht er Schwäbisch mit französischem Akzent. Das hört sich so aufgeschrieben viel charmanter an, als es klingt.
In der Jugend wird sehr auf die feinen Unterschiede geachtet: alle um einen herum befinden sich im Prozeß der Ichwerdung, keiner weiß genau, was er jetzt repräsentieren soll. Man grenzt sich ab.
Es gab natürlich Dinge, die mich deutlicher von anderen unterschieden: mein Name. Bei meiner Geburt hieß ich Frédérique, aber als in zunehmenden Alter immer mehr Briefe für mich kamen, die an Mlle und Frau Valin adressiert wurden, ließen meine Eltern das ändern. Nicht, weil sie dachten, ich könnte darüber verwirrt sein, ob ich jetzt Mann oder Frau sein sollte, sondern um mir ständige Nachfragen zu ersparen.Da sieht man mal, wie durch Konformismus Geschlechtszuschreibungen gefestigt werden.
Mein Nachname blieb mir, den keiner aussprechen kann, nicht einmal alle Geschwister, obwohl sie selbst so heißen. Meine Zweisprachigkeit, meine kulturelle Prägung. Meine Vorliebe für französische Musik und Literatur zum Beispiel, wobei nicht ganz zu entschlüsseln ist, inweifern ich da selbst die Entscheidung getroffen habe, mich in meinen Präferenzen unterscheiden zu wollen.
Was mich in meiner Kindheit nämlich zum Franzosen gemacht hat, war der Blick der anderen. Ich war, was man einen gut integrierten Außenseiter nennen könnte: ich denke, ich galt allgemein als ein wenig eigenartig, hatte aber viele Freunde, denen das egal war. Manchmal allerdings mussten sie den Eigenartigkeiten einen Namen geben, um mit ihnen umgehen zu können: und sie nannten sie Franzose. Wannimmer ich krudes Zeug vor mich hinredete oder anderweitig auffällig wurde – als ich mit 16 nach Jahren der allgäuer Mundart plötzlich wieder begann, Hochdeutsch zu sprechen oder irgendwann auf die Idee verfiel, unbedingt Pfeife rauchen zu müssen – hieß es: der Franzose. Und dann war wieder gut. An das, was man an mir nur schlecht verstand, pappte bald die Tricolore.
So kam es, dass mich das, was mich ausmachte, was mich deutlich von den anderen unterschied, mit Frankreich verband.
Was „meine kleinen Kameraden“ (Sartre, Entschuldigung) nicht wussten oder ahnten: In Frankreich war es ganz ähnlich. Ich war oft und dann lang in Frankreich, und wenn ich dort war, hier ich der Deutsche. Eine enge Kindheitsfreundin von mir, zwei Jahre älter, bezeichnete mich vor ihren Freunden noch bis vor wenigen Jahren als „Austauschschüler“, was ich als unerhörte Kränkung empfand. Es wurde kein Klischee ausgelassen: Wenn ich an einer roten Ampel stehen blieb, hieß es, ich sei schon sehr deutsch, deutscher als das Elsaß allemal.
Aber ich war ich Franzose! Aber nun in Deutschland. Viele Binationale, mit denen ich seither gesprochen habe, kennen das Phänomen: Ein Vaterland hat man nicht, es ist immer dort, wo man gerade nicht ist.
Dafür hat man zwei Muttersprachen, ich bin, was meine nationale Erziehung anbelangt, in einer lesbischen Beziehung aufgewachsen.
Die Frage nach meiner Nationalität und was an mir jetzt spezifisch deutsch oder französisch ist hat erst in Berlin wirklich aufgehört. Als ich hierherzog, wohnte ich zunächst im Friedrichshain, später in Neukölln, und dort sind all diese Fragen nach Herkunft und Identität bereits als albern entlarvt worden. Ich wurde nicht gelabelt, jedenfalls nicht nach nationalen Gesichtspunkten, und im Gegenzug ist es mir inzwischen auch sehr egal, wie jemand meinen Namen ausspricht. Auf offiziellen Dokumenten sollte er einigermaßen richtig geschrieben stehen, sonst hab ich später Scherereien, aber die Accents zum Beispiel kann man meinetwegen mit dem Pfefferstreuer über die Vokale verteilen. Kuckt eh keiner nach.
Warum ich das erzähle: es gibt alle zwei Jahre eine Zeit, in der sich das ändert, in der man Farbe bekennen soll. Bist Du für Deutschland oder für Frankreich, das ist eine Frage, die mir bei großen Turnieren häufig begegnet. Und alle schauen immer ganz irritiert wenn ich sage: In Deutschland für Frankreich, in Frankreich für Deutschland.
(Dabei ist das schon eine Konzessionsantwort, tatsächlich weiß ich vorher meist gar nicht, für wen ich bin, das kristallisiert sich im Laufe der Zeit erst heraus; recht oft mag ich Holland, manchmal auch Italien, ausgerechnet die beiden fußballerischen Erzfeinde der Deutschen und Franzosen. Aber das jemandem erklären, der sich gerade wie im Wahn auf seine Nationalität stürzt, hat wenig Zweck.)
Es ist so, dass ich diesen Nationenwahn nicht verstehe, nicht verstehen will und wahrscheinlich auch gar nicht verstehen kann. Ich beobachte das mit Argwohn. Ich fühle mich nicht ausgeschlossen, wenn meine Nachbarn eine von Bitburger gesponsorte Deutschlandfahne anbringen; sie tun mir nur ein bisschen leid. Ich fühle mich auch nicht bedroht von den ganzen Nasen, die seit 2006 fortwährend nach einem entspannten Patriotismus schreien – albern finde ich sie, wie man Leute albern findet, die jetzt auchmal „einen kiffen“ wollen und dann danach fünf Stunden am Stück erzählen, wie geil bekifft sie jetzt sind. Selbst wenn man ihnen Basilikum gegeben hat; vor allem, wenn man ihnen Basilikum gegeben hat.
Ich weiß auch, dass der Nationalismusschub der letzten Jahre Gefahr verheißt; dass im Windschatten der WM 2006 eine neue Fremdenfeindlichkeit entstand oder im Entstehen begriffen ist; und das es wichtig ist, sich damit zu beschäftigen und gegenzusteuern. (Vor allem auch bei Äußerungen öffentlicher Personen, Steffen Simon zum Beispiel oder Oliver Kahn, der bei jedem Spiel ganz knapp davor ist, etwas in die Richtung wie „der Afrikaner an sich“ zu sagen. Bei denen müsste man immerhin davon ausgehen, dass ihnen jemand verklickert, was sie da gerade von sich geben.)
Meine vielleicht etwas flapsigen Bermerkungen im vorletzten Absatz sollen diese Entwicklungen nicht verleugnen; es mag blind sein, in den Fahnenschwenkern mehr kleine Kinder zu sehen als zurechnungsfähige Erwachsene. Ich kann an Nationalismus nichts unschuldiges finden, und möglicherweise unterstelle ich dem einzelnen Fahnenschwenker deswegen Naivität, um überhaupt mit ihm ins Gespräch kommen zu können; um sicherzugehen, ob er über ein sogenanntes geschlossen rechtes Weltbild verfügt oder eben ähnlich tickt wie meine Physiotherapeutin, die mir neulich sagte, sie sei total für Portugal, habe aber trotzdem schwarz-rot-goldene Spiegelschoner, weil macht man so.
Das ist natürlich idiotisch; aber nicht böswillig.
Ich bin da außen vor, und ich muß sagen: in diesem außen vor lebt es sich viel entspannter. Unter anderem deswegen, weil ich nicht fortwährend beweisen will, wie entspannt ich bin.
Andernfalls würden meine Urlaube wahrscheinlich so aussehen:
Basilikum made my day
So richtig entspannt klingt Deine Antwort aber auch nicht. Mein Großvater sagte immer: „Möge der Beste gewinnen.“ Für meine jugendliche Neugier klang das unbefriedigend, aber immerhin entspannt. Und mit etwas Abstand gesehen, ist das sogar ein sportlich fairer Wunsch.
Wäre es für Dich nicht noch entspannender solche Nationenwettbewerbe gleich ganz zu meiden? Immerhin werde weltweit doch recht viele Fahnen geschwungen, auch in den Stadien selbst, nicht erst seit 2006 und es gibt ziemlich viele „wirs“. Und mit all diesen Fahnen und wirs schließt Du alle zwei Jahre einen Kompromiss, weil ein Leben ohne Mops möglich aber sinnlos ist. Ein bisschen albern und idiotisch ist man auch selbst oder nicht?
Ausgeschlossen, Fußball zu meiden. Das ist keine Option, obschon mich am Anfang dieser WM das diesmalige Deutschlandgedöns doch relativ müde gemacht hat.
Den zweiten Absatz hab ich nicht ganz verstanden: Wenn es albern und idiotisch ist, bei einer Fußball-WM in Begeisterung auszubrechen, dann bin ich auf jeden Fall albern und idiotisch.
Begeisterung für die WM empfinde ich nicht als albern. Aber wenn man sich gleichzeitig über nationale Gefühle bei seinen Mitmenschen auskotzt, ist das zumindest seltsam, vielleicht sogar schizophren. Die WM ist nicht einfach nur ein Wettbewerb verschiedener Fußballmannschaften sondern auch von Nationen. Dass dann weltweit nationale Gefühle wallen, gehört einfach dazu. Wenn man das nicht mag, sollte man mMn wenigstens ein Basislevel an Toleranz aufbringen und nicht schon die kleinsten nationalen Anwandlungen verhöhnen.
Es ist sehr unterhaltsam, wie sich Leute, die nationale Empfindungen hegen, immer bedroht fühlen von anderen, die das als Unsinn oder mindestens unschlüssig empfinden. Wer dieses selbstverständliche „Das gehört dazu“ in Frage stellt, ist sofort ein Störenfried, und selbst eine nichtkonforme Darstellung ist bereits intolerant (oder sogar krankhaft, im Zweifel beides).
Meinetwegen kannst Du auch in Frage stellen, dass die Erde sich um die Sonne dreht. Solange Du an den Gegebenheiten nichts ändern kannst, fühle mich davon nicht bedroht. Ich verstehe es nur nicht. Geht es Dir in der Bundesliga auch auf den Sack, dass sich Menschen mit ihren Vereinen identifizieren? Dass sie Lieder singen, Trikots anziehen, Fahnen schwenken, Gegner verunglimpfen, Autos schmücken?
Das sind die selben Mechanismen wie bei konkurrierenden Nationen. Ich bin ja gerne dabei, schlimme Auswüchse zu kritisieren. Aber das ganze Paket ablehnen was um den Fußball herum passiert? Dass sich Menschen erdreisten Ihrer Identifikation mit einem Team Ausdruck zu geben? Ohne das alles gäbe es überhaupt keinen Profifußball für den Du Dich begeistern könntest, weil diese ganzen Idioten die Show bezahlen. Du kommst mir mit Deiner Meinung vor wie ein Rechtsanwalt, der in eine hippe Wohngegend zieht und dann erstmal alle Kneipen im Umkreis wegen Lärmbelästigung verklagt.
Ich finde es zunehmend absurd, dass man ~20% der Bevölkerung ein Schild mit „Migrationshintergrund“ umhängt und fleißig drum herum eiert, dass so ein Mesut Özil ja irgendwie kein richtiger Deutscher sei, obwohl er hier geboren ist und einen deutschen Pass hat.
In manchen Städten nähern sich die Quoten der „Migrationshintergrundler“ inzwischen den 50% an, bei den unter 18-jährigen teilweise schon darüber:
http://de.wikipedia.org/wiki/Migrationshintergrund#Statistik_nach_Zensus_2011
Ich hoffe noch zu erleben, dass man diese Unterscheidungen sein lässt und andere höchstens aus ehrlichem Interesse nach ihrer Biographie frägt. „Der Franzose“, „der Deutsche“ das sind für mich Labels aus einer anderen Zeit, die nicht mehr in eine globalisierte Welt passen. Vielleicht sagen wir irgendwann nur noch „Ich bin Europäer“?
Wäre schön! Wird aber wohl noch eine Weile dauern.
Ich habe mich sehr in dem Absatz über Holland und Italien wiedergefunden. Das sind meist auch meine Favoriten, weil ich diese beiden Länder und ihre Teams schon immer mochte. Und ich ertappe mich immer wieder dabei, wie Du keinen Bock darauf zu haben, das irgendeinem Schwarz-Rot-Geilen erzählen und erklären zu müssen. Schlimm.
[…] via Zum Blonden Engel […]
Hab mich auch in dem Beitrag wiedergefunden. Ich bin ja auch Binationaler – wäre ich ein bißchen jünger und könnte ich besser Fußball spielen, würde ich vielleicht gut in Klinsmanns Team passen – und ich kenne das von Dir beschriebene Phänomen sehr gut.
@McP Worin solltest Du Dich auch bedroht fühlen? Wobei Deine Argumentation für mich nicht ganz schlüssig ist: einerseits geht es um die Identifikation mit dem Team, andererseits sagst Du, dass dieses Team auf etwas anderes hinausweist, etwas größeres (nämlich die Nation). Ich habe kein Problem damit, wenn sich jemand mit irgendeinem Team identifiziert, ich habe nur Schwierigkeiten, das nachzuvollziehen (aus im Artikel genannten Gründen). Unter anderem deswegen, weil einerseits: „Die WM ist nicht einfach nur ein Wettbewerb verschiedener Fußballmannschaften sondern auch von Nationen.“ und dann aber auch: „Geht es Dir in der Bundesliga auch auf den Sack, dass sich Menschen mit ihren Vereinen identifizieren?“ Da frage ich mich schon: Ja, was denn nu?
Und ich begeistere mich überhaupt nicht für Profifußball; die Summen, die da fließen, sind völlig bescheuert, wenn da weniger Geld drin wäre, wäre ich absolut einverstanden.
Aber sag Du doch mal: Wo ist der Mehrwert, wenn man sich im Zuge einer WM für Deutschland begeistert? Wo ist da für Dich der Sinn?
Die „Ja, was denn nu?“ Frage würde ich eher Dir stellen wollen. Einerseits hast Du kein Problem mit der Identifikation, andererseits verhöhnst oder problematisierst Du simpelste Ausdrucksformen einer solchen. Vermutlich habe ich mich falsch ausgedrückt, aber ich habe lediglich davon geschrieben, dass so wie sich Menschen über das Jahr mit Bayern, Schalke usw. identifizieren und das auch zeigen (Vereinswahn), es alle zwei Jahre im größeren Rahmen mit den nationalen Mannschaften stattfindet (Nationenwahn).
Das wirkt dann sicher uniformierter und erdrückender, weil in dem jeweiligen Land dann eben die nationalen Farben vorherrschen. Aber der Mechanismus ist doch der gleiche, wie bei den Vereinen. Man stellt sich hinter sein Team und viele zeigen das auch. Und „man“ meint die, die es tun. Die anderen lassen es halt, weil ihnen Fußball am Arsch vorbei geht oder sie einfach gerne dagegen sind oder sich nicht mit Teams identifizieren können oder den Faschismus am Horizont sehen oder ihre Begeisterung lieber in Blogs als auf Straßen ausleben. Was weiß ich, jeder nach seiner Fasson.
In meinem Bekanntenkreis gibt es genügend Leute, die sich fanatisch freuen, wenn die deutsche N11 ein WM-Tor schießt. Und ein Sieg über Italien oder Holland wäre sicher doppelt süß. Und das sogar, nachdem man in anderen Spielen für Holland oder Italien war, weil irgendwie mag man sie ja auch. Aber ich glaube niemand würde deswegen sagen: Ich begeistere mich für Deutschland, im Sinne des kompletten Staates (falls doch, dann nicht wegen des Fußballspiels). Die Identifikation gilt dem „Verein“ der DFB-Elf, nicht einem politischen Gebilde. Es mag anders wirken, weil die Farben gleich sind. Und in anderen Spielen gilt die Sympathie halt anderen Mannschaften. Der Mehrwert für schlichte Menschen wie mich ist, dass mir das Zuschauen mehr Spaß macht, wenn ich für oder gegen eine Mannschaft bin (ändert sich manchmal auch während des Spiels).
Meiner Meinung nach ist das Identifizieren mit Sportlern und Mannschaften eine völlig natürliche Herangehensweise. Meine Oma hat mir Fanschals gestrickt, bevor es das Wort Merchandising gab oder irgendjemand damit Geld verdiente. Heute werden diese Symbole halt industriell gefertigt, Zeiten ändern sich. Ich finde, dass Respekt und Toleranz keine Einbahnstraße sein sollten, welche Dir und Deinen Befindlichkeiten entgegenkommen müssen, sondern Du es vielleicht auch mal andersrum probierst. Aus Respekt vor dem Fußball, der erst durch die überhöhte Identifikation seiner Fans so groß wurde.
Die Identifikation mit einer Nation ist etwas anderes als die Identifikation mit einer Mannsschaft. Die Identifikation mit einer Mannschaft wirst Du hier im Beitrag nirgends problematisiert oder verhöhnt finden. Allerdings bezweifle ich Deine These, dass die Identifikation der Deutschen mit der deutschen Mannschaft zufällig ist (in dem Sinn, dass man sich halt mit irgendeiner Mannschaft identifiziert).
Was auf jeden Fall abnimmt, das sehe ich auch so, ist die Diversifikation. Deutschland ist dann, bis auf wenige Ausnahmen abgesehen, einigermaßen uniformiert in schwarz-rot-gold.
Wenns nach Dir ginge, so verstehe ich das jetzt, bedeutet das, dass ich Respekt und Toleranz dergestalt wirken lasse, dass ich die Klappe halte darüber, wie es auf mich wirkt. Stören Dich denn meine Worte hier oben dabei, Dich zu identifizieren? Mache ich Dir den Genuss von Deutschlandspielen madig, weil Du weißt, dass ich das teils nicht nachvollziehen kann, teils lächerlich finde? Darf es keine andere Reflektion darüber geben als Jubel?
Ich habe keine These aufgestellt, dass die Identifikation der Deutschen mit der deutschen N11 zufällig sei. Es ist ganz schön frustrierend, wenn von jedem meiner Kommentare die Hälfte falsch verstanden wird. Nichts daran ist zufällig. Es ist auch nicht zufällig, wenn man aus Dortmund kommt und für den BVB ist. Es ist einfach nur nahe liegend. Genauso nahe liegend ist es, einen Dortmunder Schalkefan zu hinterfragen. Dieser mag vielleicht so genervt sein wie Du ob der Deutschland- oder Frankreichfrage. Von meiner Seite aus ist es aber nur Neugier.
Du bist also der Meinung, die da draußen Flagge zeigen, machen das in erster Linie für Deutschland und nicht für die deutsche N11? Ich teile die Meinung nicht, aber immerhin könnte ich dann Deine Probleme besser verstehen.
Deine Reflektion oben geht im zweiten Teil dazu über den Umgang anderer Menschen mit solchen Turnieren lächerlich zu machen, zu verhöhnen, zu problematisieren und zu dramatisieren. Das fand ich halt nicht so gut. Mir kommt auch viel zu oft das Wort Deutschland vor, als ob hier die Hölle wäre und überall sonst wäre der Umgang mit so einem Turnier ganz anders, entspannter.
Es ist viel unproblematischer, sich mit einer Mannschaft zu identifizieren, wenn dahinter kein Nationenkonzept steht. Man zieht aus irgendwelchen Gründen (zufälligen meistens) nach Berlin und sympathisiert dann mit Hertha oder Union oder TeBe. Das ist mit der N11 nicht so einfach, zumindest als Zweitverein, vielleicht sogar nur zunächst, und später wirds dann sogar der Erstverein. Kommt auch bei Nationalmannschaften vor, klar, aber sehr viel seltener; hier haben wir dann eben auch den nationalen Diskurs, wer liest schon Guardian und L’équipe, während man von anderen Bundesligamannschaften fortwährend irgendwelche Einblicke bekommt. Diese Diversität (die das ganze übrigens auch sehr viel entspannter macht) fehlt sehr während der Nationenturniere. Die Deutschen entscheiden sich ja nicht nur deswegen für Deutschland, weil die hier herkommen, sondern durchaus auch aus Mangel an Alternativen – es muss ja der Eindruck entstehen, alle seien für Deutschland, und man selbst ist es halt dann auch (und hält sich dann eine Zweitnation, wie die Physiotherapeutin).
Und ich glaube, deswegen verschwimmen auf problematische Weise die Grenzen zwischen denen, die nur für die N11 sind und den anderen, die Deutschland zujubeln.
Ich glaube nicht, dass der Umgang mit dieser Sorte Turnier woanders entspannter ist; das ist ja Teil des Problems.
PS: Ich versteh Dich übrigens nicht absichtlich falsch, aber irgendwie; es ist manchmal bei der Diskussion wie eine Sprachbarriere.
[…] werde ewig rätseln, wie es wohl so ist FrèdèríçVálìn zu sein? Wie es ist Deutscher im Ausland zu sein, weiß ich. Lesen Sie sich den Aufsatz ruhig durch […]