Italien – Spanien 1:1

Und endlich war da: Fußball. Hätte man so vor Anpfiff auch nicht unbedingt vermutet, vor allem, weil Italien ja Jack Lemmon und Walter Matthau in den Sturm gestellt hatten. Aber das seltsame Paar schlug sich gar nicht schlecht, und die seltsam anachronistische italienische Abwehr sowieso nicht. Dachte man zuvor auch (zumindest ich), die italienische Abwehr sei vielleicht nicht ganz so gut organisiert wie die Turniere zuvor, vor allem nicht gegen die Spanier, die, sobald sie am gegnerischen Strafraum stehen, selbst da eine Autobahn sehen, wo sich anderen nur eine Sackgasse auftut, und Xavi könnte, wenn er denn wollte, mit sich selbst Doppelpass spielen im Mittelfeld, war am Ende dann doch nichts mit wacka wacka Ticitaca. Im Gegenteil, als Andrea Pirlo diesen Ball zur Führung versenkte (di Natale war ja nur seine extension of man), war ich ziemlich überzeugt davon, dass eher ich den Papst treffen werde als Spanien das Tor.

Dass es dann anders kam, lag daran, dass Italien entweder müde oder leichtsinnig wurde. Die Bälle aus der Abwehr, die die schnellen Gegenangriffe einleiten sollten, waren zwar genau, aber halt: genau in die Füße der Spanier. Das Aufbauspiel wirkte bisweilen wie von der Treuhand organisiert. Vielleicht auch deswegen durfte Buffon gegen Iniesta mutmaßlich die Parade des Turniers zeigen: mit den Fingerspitzen rausgekratzt, was andere haben anbrennen lassen, in bester Hausfrauenmanier. Der alte Mann kanns also noch. Bloß muss der zum Angeln noch nicht mal aufs Meer fahren, der holt sogar aus der Badewanne noch nen Wels raus.

Rundum ein gelungenes Fußballspiel, das selbst Bela Rethy nicht zerquatscht bekommen hat. Wenn ich das richtig sehe, fehlt in dieser Zusammenstellung, die sein Best of (Best Off?) sein soll, aber ein entscheidender Satz, der da hieß: „Dieser Strahl von Marquisio – genau auf den Mann!“ Mit goldenen Schauern in der Rückenpartie wenden wir uns ab.

Irland – Kroatien 1:3

Eigentlich müsste Whigfield die EM-Hymne singen, wir erleben ein wahres 90er-Revival. Boateng klärt gegen Ronaldo mit Grätsche, Italien spielt mit Libero, und Irland überbrückt das Mittelfeld wenn nicht mit langen, langen Bällen, dann gerne unter Zuhilfenahme angestrengter Kopfballstafetten. Auch sonst sind sie übrigens ganz der Gegenentwurf der Deutschen: können Standards und sehen gut aus in Grün.

Ich muss gestehen, ich war von der Spielanlage der Iren derart fasziniert, dass ich von Kroatien kaum etwas mitbekommen habe. Die irische Spielanlage ist mit den Worten „und zack“ wohl am besten zu umschreiben: kam ein irischer Verteidiger an den Ball, konnte man höchstens bis drei zählen, und dann: und zack. Weit und hoch nach vorne. Wahrscheinlich sind Keane und Doyle die einzigen Stürmer der EM, die mehr springen als sprinten müssen. Das liegt daran, dass die Iren unter Druck Schwierigkeiten mit der Ballannahme haben. Wobei „unter Druck“ hier heißt: in drei Metern Entfernung steht ein Gegenspieler und winkt freundlich.

Man muss sich auch fragen, was sich die Iren nach dem 3:1 gedacht haben, weiter Flanken aus dem Halbfeld Richtung kroatisches Tor zu dreschen. Statistisch gesehen, führt ein Prozent dieser Spielzüge zu einem Tor; meinten die nach Minute 48, wir schlagen jetzt einfach noch 200 Bälle rein, und dann wird alles gut? Wobei man auch gesehen haben muss, wie die zum Teil die Bälle annehmen wollten: mit bewundernswerter Aufopferung versuchte (ich glaube, er wars) Cox einmal, einen aus 35 Metern Entfernung geschlagenen Ball mit dem Gesicht auf den Boden zu holen. Ireland, limited edition. Man hoffte doch (sympathisch sind sie ja), sie haben für ihre Stürmer gute Unfallversicherungen abgeschlossen.

Über Kroatien hat das Spiel nicht viel ausgesagt, glaube ich; nur, dass sie eher Spanien schlagen als Italien.