#15
Von frederic am 04 Dez 2011 | Immer wieder Samstags
Stuttgart – Köln? Ich meine: ja, okay, kein uninteressantes Spiel. Nicht ganz so interessant wie, sagen wir, Gladbach – Dortmund. Oder Bayern – Bremen. Oder Leverkusen – Hoffenheim. Ein okayes Spiel, keine Frage, aber man muss vermutlich mit Lukas Podoslki schlafen, um das für das Topspiel dieses Spieltages zu halten.
Ich hab mich immer wieder gefragt, wie Sky seine Topspiele auswählt. Warum das überhaupt Topspiel heißt, und nicht „irgendein Spiel, das aus Vermarktungsgründen um 18.30 stattfindet“. Dann dachte ich: was stellste Dir eigentlich die Frage, frag doch einfach Sky. Also hab ich Sky gefragt, nach welchen Kriterien sie ein Topspiel auswählen, und das haben sie geantwortet:
Selbstverständlich ist es unser Ziel Ihren hohen Ansprüchen, gerade im Sport-Bereich, gerecht zu werden. Da wir mit unserem Topspiel einen Großteil unserer Kunden erreichen wollen, berufen wir uns auf intensive Recherchen des Sehverhaltens unserer Zuschauer. Dass das ausgestrahlte Programm dabei nicht den Geschmack jedes einzelnen Abonnenten trifft, ist uns bewusst.
Ich hab mal letzte Saison nachgerechnet. Es ist ja durchaus schwierig, ein Topspiel zu küren. Es gibt da ja mehrere Anhaltspunkte. Nicht ganz unerheblich ist die Tabellensituation, dachte ich, das könnte doch ein Indikator sein.
Wenn wir also annehmen, die Tabellensituation müsste zumindest eine Rolle spielen, dann setzen wir einen Koeffizienten: Dazu, dachte ich, addiert man die Tabellenplatzierung der Kontrahenten und teilt das durch zwei: damit hat man einen Wert des Spiels, der bestenfalls 1,5 beträgt, schlechtestenfalls 17,5. Das Topspiel könnte jenes Spiel sein, das die höchste Wertigkeit an einem Spieltag hat: Theoretisch müsste es einen Wert zwischen 1,5 (Erster gegen Zweiter) und 9,5 (Erster gegen 18er bzw. Zweiter gegen 17er usw bis hin zu Neunter gegen Zehnter) haben. Dass 9,5 der beste Wert sein wird, ist extrem unwahrscheinlich, denn dann müssten alle Spiele gleichzeitig einen Wert von 9,5 haben.
Ich hab mal letzte Saison nachgerechnet, alle Topspiele, und der durchschnittliche Wert ist 8,71. Und bei gut zwei Dritteln der Spieltage gab es ein oder sogar mehrere andere Spiele, das eine höhere Wertigkeit aufwies. Einmal sogar waren alle andere Spiele höherwertig: als Sky Stuttgart gegen Gladbach zeigte nämlich, den 17. gegen den 18.
Gut, es gibt Spiele, die im Vorfeld spannend sind und eine gewisse Intensität erwarten lassen. Derbys zum Beispiel. Dortmund gegen Schalke, St. Pauli gegen Hamburg, sowas. Aber auch das scheint keine Rolle zu spielen, wie man aus der Liste ersehen kann: Zwei Derbys von überregionalem Interesse im weitesten Sinn waren Topspiel, mehr nicht.
Sky war letztes Jahr nur begrenzt in der Lage, das überraschende und spannende der Saison nachzubilden. Das hier ist die Rangliste der Vereine, nach Häufigkeit als Topspielteilnehmer:
Sechsmal:
Schalke, Bremen, Bayern, Dortmund
Fünfmal:
Mainz
Viermal:
Gladbach, HSV, Lautern, Leverkusen
Dreimal:
Hoffenheim
Zweimal:
St. Pauli, Wolfsburg, Stuttgart
Einmal:
Hannover, Köln
Keinmal:
Freiburg, Nürnberg, Frankfurt
Dass Mainz, Dortmund und Lautern überragende Saisons gespielt haben, bildet diese Tabelle ab: dass aber Hannover nur einmal, Nürnberg und Freiburg gar überhaupt nie top gespielt haben, ist ausgeschlossen. Wo ist denn da der Anspruch geblieben, dem Objekt der Berichterstattung gerecht zu werden?
Bei allem Zynismus, der mich bei der Fernsehfußballberichterstattung überfällt: die Antwort auf meine Frage nach dem Topspiel hat mich überraschenderweise dann doch enttäuscht. Sich auf Einschaltquoten zu berufen, das ist ja immer eine Kapitulation. Das tut man, wenn man keinen Gestaltungswillen mehr hat. Es ist ein Zeugnis einer dekadenten Selbstvergessenheit, die – wie ich finde – das Fernsehen insgesamt auszeichnet. Man kann trefflich darüber streiten, was denn nun ein Topspiel auszeichnet, welche Faktoren es da zu beachten gilt, und selbstverständlich spielt da auch eine Rolle, was die Leute sehen wollen: aber halt nur eine unter vielen. Sich da nur hinter „Recherchen des Sehverhaltens unserer Zuschauer“ zu verstecken, ist langweilig, und wenn Fernsehen eines auf keinen Fall sein sollte, dann das: Langweilig.
Ist das „Top-Spiel“ nicht IMMER das Samstagsspiel um 18:30 Uhr? Oder entscheidet sich das zwischen den vier Einzelspielen Freitag, Samstag 18:30 Uhr und Sonntag?
Die Spielzeiten unterliegen ja einem komplizierten Verfahren und wer beispielsweise europäisch spielt wird so gut wie keine Freitagsspiele austragen:
http://www.bundesliga.de/de/dfl/fragen/
Es ist immer das Samstagsspiel um 18.30, das stimmt. Genauso stimmt, dass EL-Teilnehmer sehr oft sonntags spielen, das erklärt aber nur, warum Leverkusen Samstag um 18.30 oft nicht konnte.
dfl und sky legen das top-spiel fünf bis sechs spieltage im voraus fest. von daher kann die tabellensituation nicht allein ausschlaggebend sein bei 15 oder 18 noch bis sendetermin zu vergebenden punkten.
dass der vfb jetzt mal samstags durfte, habe ich als wiedergutmachung verstanden für all die ätzenden auswärtsfahrten am freitagabend, die es diese saison schon gab. dafür durften wir mal schön samstags ausschlafen, über den weihnachstmarkt gondeln und und dann über den traditionellen nichtsieg gegen köln ärgern…
Zunächst mal ist die Höchstzahl der Nominierungen für ein Samstags-Abendspiel pro Mannschaft 6. Dann kommt hinzu, dass man sich die (zuschauerzahlenbezogen) ganz Großen wie Bayern, Dortmund, Schalke, Hamburg teilweise für das Ende der Saison aufheben will. Und allein mit diesen beiden gegebenen Faktoren muss man ja schon ausreichend häufig andere als diese Teams wählen.
(Es kommt aber noch etwas hinzu, was mir gerade nicht einfällt.)
Mir gefällt diese Regelung übrigens eher, denn dass Stuttgart-Köln auf dem Papier kein Topspiel ist, muss ja nicht bedeuten, dass es nicht zu einem solchen werden kann während seiner 90 Minuten. Würde man nach papiernen Topspielen gehen, würde man ja nie Stuttgart oder Köln für den Samstag Abend auswählen.
Ob diese Regelung (höchstens 6x) von Sky selbst oder von der DFL festgelegt wurde, weiß ich nicht, ist aber durchaus ein Pluspunkt für den deutschen Fußball im Vergleich zu dem, womit man ihn gerne vergleicht.
Ah, vielen Dank.
„Mir gefällt diese Regelung übrigens eher, denn dass Stuttgart-Köln auf dem Papier kein Topspiel ist, muss ja nicht bedeuten, dass es nicht zu einem solchen werden kann während seiner 90 Minuten. Würde man nach papiernen Topspielen gehen, würde man ja nie Stuttgart oder Köln für den Samstag Abend auswählen.“
Da ist natürlich was dran, aber andererseits gibt es bestimmte Wahrscheinlichkeiten: ein spiel unter Beteiligung des BVB ist im Saison-Durchschnitt wahrscheinlich unterhaltsamer als ein Spiel unter Beteiligung der Hertha, ein spiel mit Mainzer Beteiligung sehr wahrscheinlich unterhaltsamer als eines mit Lauterer Beteiligung.
Mich stört die Bezeichnung Topspiel statt „Irgendein Spiel, das wir halt Samstag Abend um 18.30 zeigen, aus Gründen“, und das ich die Gründe nicht verstehe (ich glaube, das tut keiner) viel mehr als was tatsächlich am Samstag Abend gezeigt wird.