Vorab: Die Aktion von Union ist großartig. 10000 Vereinsaktien, keiner kriegt mehr als zehn Stück, das Geld fließt in die Haupttribüne. Sehr schön.

Ich hätte ja gern gehabt, dass mir die Kampagne dazu gefällt. Ich hab mir ehrlich Mühe gegeben. Aber sie gefällt mir nicht. Nein, tut sie nicht.

Und dass, obwohl einiges Gelungenes dabei ist. Die Idee einer Always-Ultra-Arena, als Kompromiss zwischen der Kurve und der weiblichen Zielgruppe, fantastisch. Handwerklich ist der Film sehr gut gemacht. Und das Motto finde ich auch gelungen. „Wir verkaufen unsere Seele – aber nicht an jeden“. Da schwingt leichte Selbstironie mit: Es gefällt uns nicht, dieser Ausverkauf, aber was soll man machen, es ist eben Profifußball, und wir brauchen das Geld – aber wir suchen uns unseren eigenen Weg. Einen, den alle mitgehen wollen können. So wollen wir sein, und auch wenn uns nicht alles gefällt, machen wir weiter, wir versuchen es, als Alternative im Profifußball.

Aber: diese Ironie wird nicht fertig erzählt. Die Figuren im Spot sind so flach wie Mario Barth. Die unfähigen, unsympathischen Marketingfuzzis auf der einen Seite, die übergenervten, überheblichen Union-Verantwortlichen auf der anderen Seite, die so überhaupt nicht selbstironisch sind, sondern selbstgefällig rüberkommen und ein bisschen arrogant. Das ist nicht eisern, das ist blechern. Leider.

Ironie ist die intelligenteste Waffe angesichts des Übermächtigen. Das Setting im Spot ist genau andersrum: mächtig sind hier die Union-, nunja, Bosse, weil sie über die Konzepte bestimmen werden, und – man ahnt es von Anfang an – sie mit einer herrischen Geste vom Tisch fegen. Wenn wenigstens zu Beginn einer interessiert gekuckt hätte, als der erste Agenturheini aufspringt, um eine Marke vorzustellen, statt das Zingler schon zu Beginn genervt die Augen verdreht – wozu, fragt man sich sofort, haben die eigentlich eine Agentur beauftragt, den Markt auszukundschaften, wenn sie schon nach einem halben Satz wissen, dass es „fürn Arsch“ ist? Bloß um die Idioten vorzuführen? Und wozu führt man die Gegenseite als Idiot vor? Weil man selbst so geil ist. Dazu passt auch das berlusconihafte Krawattelockern mitten drin, und am Ende, tja, da hatte ich Mitleid mit den Marketingfuzzis.

Nun stimmt es ohne Frage, dass die Aktion geil ist. Aber weil das ohnehin schon jeder weiß, ist es so unnötig, extra nochmal darauf hinzuweisen. Wie viel schöner wäre es gewesen, wenn der Spot weniger breitbeinig dahergekommen wäre! Wenn das leichthin gepfiffene Lied, das am Anfang des Spots kommt, dieses nonchalante Understatement durchgezogen worden wäre. Das Präsidium, wie es zusammensitzt (am besten in einer Kneipe oder so) und beratschlagt, wie man die Haupttribüne finanzieren könnte, und am Anfang kommen von ihnen genau diese Vorschläge, die sie jetzt ihren Filmidioten überlassen, mit ernstem Gesicht, bis dann einer in Kichern ausbricht und alle einstimmen. Schnitt, Hinweis auf die Aktie (aber bitte nicht mit dieser Sparkassen-Versicherungsstimme!), Punkt.

Oder halt anders. Aber bitte nicht so. Das hat Union gar nicht nötig, sich dermaßen selbst zu feiern. Das hätten dann die anderen übernommen. Und was bitte ist schöner, als wenn der gegnerische Block der eigenen Mannschaft applaudiert? Eben.

[Update: Ich hatte zunächst gar nicht verstanden, dass es sich um eine Persiflage des Sparkassen-Spot handelt. Und ich kann es bis jetzt nicht ganz glauben, denn dann müsste ich meine Behauptung, der Clip sei handwerklich gut gemacht, wieder zurücknehmen:

Erstens weist bis auf den Satz „mit den Fahnen“ am Ende nichts darauf hin, dass man auf die Sparkassen-Werbung Bezug nimmt. Das Ambiente ist ein völlig anderes (lichtdurchfluteter, fassadenvollverglaster, moderner Raum versus muffiges, holzvertäfeltes Sitzungszimmer), die Figurenkonstellation (Chefs und Externe versus Chefs und Angestellte, aber auch alte Männer und junge Idioten versus alte Männer und ältere Frau), noch nicht mal die Schlußpointe passt („Wir machen das mit den Fähnchen“ versus „Wir machen das mit den Fahnen“).

Zweitens, warum nimmt denn Union einen Sparkassenspot als Vorlage? Es geht doch in erster Linie um Fußball, nicht um eine Geldanlage, oder nicht?

Drittens gehört zur Persiflage, dass man sich selbst überhaupt nicht ernst nehmen darf. Das tut Union mit der Aktion aber (zu Recht, wie ich finde). Deswegen verbietet sich das Stilmittel von Anfang an. Jetzt kommt im Subtext genau das flasche bei mir an: „Wir nehmen uns zwar sehr ernst, aber nicht unbedingt das, was wir machen.“ Die richtige Botschaft wäre genau andersrum: „Wir nehmen uns zwar nicht sehr ernst, aber um so mehr das, was wir machen.“]