Auswärts II
Von frederic am 27 Okt 2011 | An fremden Brettern
Jens Weinreich: Bundestags-Sportausschuss schließt Medien aus
Bundestags-Sportausschuss schließt Medien aus: Mdb wollen sich nicht beim iPad-Spielen beobachten lassen und einige von ihnen wollen auch nicht länger beschrieben lesen, wie faul und dumm und verantwortungslos sie eigentlich agieren, diese “Volksvertreter”. Jonathan Sachse beschreibt auf seinem Blog gerade, was seit gestern in der Szene kursierte und uns bereits alarmierte: CDU-Sportlobbyist Klaus Riegert hat zu Beginn der heutigen Sitzung (von Grit Hartmann professionell medial vorbereitet) eine Abstimmung beantragt, die Öffentlichkeit auszuschließen. Dauerhaft nunmehr. (…) Wie hat Riegert seinen Antrag begründet? Gemäß Ohrenzeugen u.a. damit, dass es für die Öffentlichkeit ein “Privileg” sei, “dabei sein zu dürfen”. Wenn sich die Privilegierten nicht benehmen, also korrekt berichten, entzieht man ihnen kurzerhand die Privilegien. Die Berichterstattung kürzlich über die iPad-Spiele und die Nickerchen sei nur “die Spitze des Eisbergs” gewesen. In gewissen Blogs gebe es “krassere Beispiele”.
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Nicole Selmer: Sogenannter Journalismus: Wie erzähle ich Fußballrandale?
Was die Berichterstattung des ZDF an diesem Abend wirklich unangenehm und unprofessionell gemacht hat, war die moralische Empörung, die sich durch sämtliche Statements zog. Der Kommentator des Spiels, Wolf-Dieter Poschmann, machte deutlich, dass der Einsatz von Pyrotechnik in jedem Fall („Da kann man sagen, was man will.“) unsinnig und gefährlich ist. Eine kleine Ohrfeige für den Kollegen Oliver Schmidt, der beim letzten Länderspiel der DFB-Auswahl der Männer noch angemerkt habe, er persönlich habe nichts gegen Pyro, solange man es nur vernünftig entsorgen würde. Das ist eine Sichtweise, die man nicht teilen muss, aber sie hat den unbestreitbaren Vorteil, differenziert zu sein. Auch BVB-Trainer Jürgen Klopp wollte ein wenig differenzieren. Er sagte nach dem Spiel, dass er gegen Bengalos („wenn das so ein bisschen hell wird“) eigentlich nichts hätte, aber Böller und Werfen der Bengalos aufs Spielfeld ginge nun mal gar nicht und wäre sehr gefährlich. Auch zu viel Differenz offensichtlich, aus seiner Äußerung wurde in der Nachberichterstattung ein Plädoyer für „emotionale Stimmung im Stadion“. Null Toleranz für Pyro also.
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‚Der gemeine Dynamofan kann sich einfach nicht benehmen‘ kommt es von unserem Dienstältesten und mit immer mehr Unwohlsein verfolge ich, wie die alleinige Anwesenheit von Polizei bei vielen im Kopf etwas auslöst, dass den Aggressions-Geifer nur so aus den Mundwinkeln rinnen lässt.
Ein Dynamo-Fan berichtet von Dortmund.
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Rob Alef: Das Märchen von den Über-Bayern
Zu den beliebten Phrasen zur Einschüchterung der Konkurrenz gehört der Satz: Die Bayern können sich nur selbst schlagen. So, als ob es egal sei, wer da sonst noch auf dem Platz steht. Wenn Gomez in Neapel einen Elfmeter nicht verwandelt, Tollpatsch Badstuber sich einen Ball selbst reinsemmelt oder zwei Spieler ausrasten, weil Pinto von Hannover 96 nach einem Foul auf der Höhe der Mittellinie behandelt wird, könnte man auch sagen: Die Mannschaft ist dem Druck nicht gewachsen.
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Herr Shearer: Peinliche Panne im Pott
Da hat es sich die Sparda-Bank doch etwas einfach gemacht: in eine Bildanzeige für die schwarzgelbe Karte setzte man zielgruppengerecht das Bild eines Kurvenvorsängers mit Megaphon ein. Da nützte aber auch ein auf dessen Rücken gephotoshoptes BVB-Klubemblem nichts: die Fans erkannten beim Anblick der Annonce im Matchprogramm sofort, dass es sich beim Herrn auf dem Foto nicht um ihren Capo handelt, sondern um denjeniges des innig gehassten Erzfeindes von Schalke 04!
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Patrick Barkham: Is there still racism in football?
Zur Einordnung: John Terry soll seinen Gegenspieler Anton Ferdinand von den QPR rassistisch beleidigt haben: er selbst bestreitet das vehement. Der Artikel bekommt später einen interessanten Dreh:
Do players suffer more racism from fans or fellow players? „I’ve experienced both really, but in recent years, not at all,“ says Jon Nurse, the 30-year-old striker who became Dagenham and Redbridge’s first ever international player when he represented Barbados. Seven years ago, when he played for Sutton United, he heard racist abuse from opposition fans. Further back, he used to get it from his own fans. Now, „if you’re up north the language [the fans] use is not what you’re used to but I don’t think it’s racist, it’s just what they know – not the ‚N‘ word, just not very politically correct words,“ he says. But generally, the abuse was far worse at school. „Football has done an awful lot to kick it out and it’s been quite successful.“ Despite the BNP enjoying some electoral success in the borough of Barking and Dagenham during Nurse’s time at the club, he has never suffered racist abuse there.
Das Problem ist also (laut Nurse), dass nicht jeder, der ’not very politically correct words‘ sagt, ein Rassist ist (manchmal ist er nur ein Provokateur); andererseits kann eine rassistische Beleidigung stattgefunden haben. Der Rassismus spricht quasi durch sie hindurch. Was Nurse da macht, ist quasi eine poetische Beschimpfung, denn er sagt nichts anderes als: Sie sind dämlich, und sie sind harmlos.
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Aus den Archiven: Daniel Drepper und Jörg-Uwe Nieland haben über Sportjournalismus und Korruption geschrieben.
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Passend zur Diskussion beim Trainer drüben: wie demonstriert man effektiv gegen einen Elfmeter? So ganz sicher nicht, aber es hat doch Größe. Man erinnert sich unweigerlich an die Beginne des Spiels, als sich Mannschaften zu Beginn des 20. Jahrhunderts überhaupt weigerten, einen Elfmeter zu schießen, weil ihn zu verwandeln zu einfach und damit unsportlich wäre. Heute sehen wir dazu die Antithese: