Das ist eine seltsame WM: Frankreich läuft im Schnitt mindestens so viel wie der Gegner, die Standardausfertigung eines deutschen Mittelfeldspielers ist ungefähr 1,50 hoch und Brasilien bringt seine Dribblings nicht zu Ende. Schon erstaunlich, da treibt der Nationalkult wieder ungeahnte Blüten, und gleichzeitig ist keine Tradition vor Erosion sicher.

(Nebenbemerkung: Dass mir das noch nie aufgefallen ist: Neymar hat durchaus Ähnlichkeiten mit Prinz Kuzco aus Ein Königreich für ein Lama, oder spinne ich?)

Drei Minuten sah es nach Feuerwerk aus, was Brasilien da veranstaltete, aber in der Rückschau wirkt es dann doch eher, als wäre eine Öllampe umgefallen. Kamerun schien ein Rezept zu haben, wie sie die Brasilianer abkochen wollten, bis Gustavo an der Mittellinie die Geduld verlor, der gewinnt inzwischen Zweikämpfe, die seine Teamkameraden führen. Das ist so eine Art Heiner Geißler, der haut das inzwischen einfach mal so raus zwischendrin, wenn kein anderer darf. Einsnull Neymar, der kurz darauf nochmal durfte, und dann verpasste Carsten Jancker in der Mitte. Da war was los.

Vor allem als man dann beim anderen Speil war, bei den Mexikanern, da jubelte plötzlich Kamerun, und ich war ähnlich überrascht wie ganz zu Anfang, als vor Anpfiff kein bescheuerter Spot durchlief. Man wird echt bescheuert mit diesen Medien, ich glaube denen viel mehr, als ich mir eingestehen will.

Und das zweite Tor hat man auch nicht gesehen. In der Wiederholung zeigen sie höchstens die fünf Schritte vor der Bude, aber das Neymar mit der Hüfte wackeln kann, hat man ja nun schon häufiger gesehen. Was ist davor passiert? Man weiß es nicht. Aber offenbar is there an app for that, bloß wenn ich mir da jetzt die Tore ankucke, wie soll ich denn das Spiel kucken? Ich werde alt, mit mehr als zwei Endgeräten komme ich schlicht nicht klar, wenn ich dabei noch selber was denken will.

Also, keine Ahnung, ob das stimmt, aber Brasilien hat vorne glaube ich gar keine Optionen. Da vorne siehts aus wie in einer Alpendoku, Hulk als Steinbock, Oscar als Murmeltier, und irgendwo in weiter Ferne sieht man auch einmal einen Fred seine Kreise ziehen. Ansonsten ist viel Neymar, als wäre Russell Brand bei irgendeiner Talkshow zu Gast, da sieht man vom Rest auch nur dann was, wenn man sich konzentriert.

Zur Halbzeit kam dann Fernandinho, das könnte Conan O’Brien werden, zumindest war das eine zauberhafte Vorbereitung für das Tor von David Luiz. Wer wissen will, warum Torstatistiken nichts gelten, muss sich bloß diesen Treffer ankucken, da hätte auch eine Dose Sauerrahm stehen können, von der wäre der Ball trotzdem reingerutscht. So stand da halt Stéphane Guivarc’h. Dreieins.

(Ist mir übrigens egal, ob oder wie weit er im Abseits stand, ich beteilige mich an solchen Diskussionen nur noch, wenn Frankreich wegen einer Fehlentscheidung gewinnt. Dann will ich die Adresse des Schiedsrichters wissen, um Blumen zu schicken, da können da alle hinterherfahren und dessen Haus anzünden, wenn sie denn müssen. Nichts ist sinnloser als diese Diskussionen, mit denen Fußballkommentatoren ihre gottgleiche Überlegenheit dokumentieren. Mir kommen die Diskutanten immer vor wie verkappte Juristen, und wenn ich mit Juristen diskutiere, dann nur, wenn ein Pabst im mittleren Zimmer hängt.)

Am Ende… ich habe keine Ahnung. Die ganze Zeit liefen Tore von Mexiko zwischenrein, eine Konferenz wie ein einsgegeneins gegen Sven Bender. Oder Lars Bender. Oder beides. Mir tut der Kopf weh.

Hat wer Mexiko gesehen? Waren die Kroaten bundesligatauglich?