Italien – Kroatien 1:1

Was ist das denn für eine italienische Mannschaft bei der EM? Zwei Stürmer ohne Rückwärtsgang, ein Mittelfeld, das nach vorne spielt, und nach 25 Minuten schon in zwei Konter gelaufen. Und obendrein brauchen sie jetzt mehr als eine halbe Chance fürs erste Tor. Nein, sie brauchen zehn. Nett gesagt: zynisch in blau ist aus. Weniger nett gesagt: viel Käse, wenig Soße. Das Aufbauspiel der Kroaten hätte man mit einer Abrissbirne eleganter hinbekommen, die spielten ohnehin wie Stevens: die Null muss stehen und vorne geht schon irgendwas, irgendwann. Hin und wieder durfte Modric einen Ball auf die Tribüne schießen, auch eine Art, das Publikum zu grüßen. Und aber weil auch Italien seine kurzen Bälle mehr zerstreute als verteilte, sah das sehr nach Schlagabtausch aus; mehr K1 als Schwergewicht.

Aber dann: Andrea Pirlo. Ein Freistoß genau zwischen die Augen zweier Kroaten. Weiß Gott kein unhaltbarer Ball, aber immerhin, dann steht die Null halt weiterhin, zwischen den Pfosten. Danach war lange nichts, Kroatien fiel kaum etwas ein, und die Italiener verschleppten ihre Konter immer wieder und immer gerne. Wenn Balotelli oder Casano an den Ball kamen, stoppte plötzlich ihre Bewegung, als müssten sie buffern.

Trotzdem hätte das gutgehen können, wenn Chielini nach einer Halbfeldflanke die Erde nicht irrtümlich für eine Schüssel gehalten hätte und deswegen den Aufprallpunkt des Balles um gut 20 Zentimeter vorverlegte, woraufhin Mandzukic den Ball mit dem Fuß annehmen durfte und ihn vor lauter Überraschung beinah noch ans Außennetz gesetzt hätte.

Am Ende brannten dann die kroatischen Fans noch ein Feuerwerk ab. Wär das in der Bundesliga passiert und hätte Poschmann das Spiel kommentiert, wahrscheinlich hätte er den Bürgerkrieg ausgerufen. So gings noch.

Spanien – Irland

Die armen Iren. Denen gings mit dem Ball, wie unserereiner mit Pfandflaschen: da denkt man, jetzt hat man sie mal weggebracht, wär das mal für ne Weile geklärt, und kaum hat man sich umgedreht, schwupps, steht wieder der halbe Balkon voll. Man war sich gar nicht sicher, wer zuerst kotzt: Trapattoni, vor Frust. Oder der Ball, von den vielen Richtungswechseln. Ich meine, andere Mannschaften nehmen zur Halbzeit den Pausentee, Spanien Gummibärensaft.

Di Stefano erzählte einmal, dass Gento und er bei Real Madrid bei manchen Spielen aufs Feld gegangen seien und sich den Ball ausschließlich mit der Hacke zugespielt hätten. Ein Hauch dieses verspielten, beinah anarchischen, unökonomischen Geistes weht auch jetzt über das Feld, wenn Xavi, Silva und Iniesta anfangen zu tanzen. Wenn Fußball Kampf ist, macht Spanien Capoeira. Wer ihnen vorwirft, sie träfen zu selten das Tor, klingt in meinen Ohren wie jene, die sagen, Sex sei zur Fortpflanzung da. Und: Spanien flirtet zu viel.

Aber nicht immer und nicht nur. Ach, allein diese überlegte, vollendete Bewegung Silvas vor dem 2:0! An vier Leuten wackelt er den Ball ins linke Eck. Wäre ich in der PR-Abteilung der deutsche Bahn, wäre das mein Kampagnenvorschlag: das Tor zeigen und dann der Satz: Verspätungen können so schön sein.

Die Tore danach waren beinah zu profan; außerdem haben die mir den Tip verhagelt. Ach, und Irland. Das muss sich nicht grämen. Wenn die ein Wahnsinnsspiel sehen wollen, gehen sie zum Hurling.