Natürlich, ja, der Fußball wird von seinen Produzenten als riesige Unterhaltungsmaschine begriffen. Seit Perez, ehemals Präsident bei Real Madrid, einst sagte, sein Club sei eine Marke wie Walt Disney, ist das in jedes Hirn gesickert. Für die Clubs bringt das einige seltsame Verpflichtungen mit sich, Lustreisen nach Fernost, um da dann nach japanischem Vorbild gegen 100 Kinder zu spielen oder was auch immer das nationale Fernsehen übertragen will.

Natürlich, ja, das ist der Einfluß des Fernsehens, jenes Medium, das aus allem, was es zeigt, Unterhaltung macht. Es hat Jahrzehnte gedauert, bis die Sender verstanden haben, dass es Fußballjournalismus im Fernsehen nicht gibt. Wobei „die Sender“ hier nur ARD meint, die sich ja mit Opdenhövel einen Entertainer in die Sportschau geholt hat.

Sky dagegen hat Uli Köhler verpflichtet. Eigentlich ist das keine Nachricht, hört man den halt jetzt bei Sky statt beim BR, was solls. Dachte ich, bis ich die Pressemitteilung von Sky gelesen habe. Da lobt man Uli Köhler für zwei Dinge: seine große, wer weiß, vielleicht sogar immense Erfahrung, und: dass er „an der Säbener Straße quasi daheim ist“.

Wie schön für ihn! Das soll wohl heißen, dass er kenntnisreich und detailliert aus dem Innenleben des FC Bayern berichten kann. Vielmehr könnte, wenn er bei einer Zeitung wäre, oder vorhätte, eine Doku zu drehen. Aber wozu braucht man denn beim Fernsehen die ganzen Hintergründe? Damit am Ende solche Analysen bei rauskommen?

Im Gegenteil: Nähe ist schädlich. Gute Unterhaltung basiert erstaunlich oft auf Respektlosigkeit, und die kann man sich nicht leisten, wenn man als Pilz an der Rinde des großen Baumes wuchert, der Uli Hoeneß heißt. Das ist kein Credo gegen Uli Köhler, sondern eines gegen das Fernsehen. Uli Köhler könnte sicher auch anders, wenn man ihn denn ließe, hoffe ich jedenfalls für ihn.

Wir haben hier einen Widerspruch: Einerseits verstehen Produzenten und Spieler sich selbst als Teil eines Entertainmentsystems. Andererseits tut die Berichterstattung im Fernsehen noch immer so, als sei sie Journalismus, und erzählt den Ereignissen hinterher. Vom Entertainment hat sie die mangelnde Distanz zur Industrie, zu Schleichwerbung und product placement übernommen, vom Journalismus die Überzeugung, etwas ernsthaftes, wichtiges, gesellschaftlich relevantes zu tun.

Diese Selbstbelügung kann man nur wegen zweier Details aufrechterhalten: Erstens, weil man genug Geld hat, exklusiv die Bilder ein- und weiterzuverkaufen (ein Journalist müsste eigentlich darauf bestehen, sie selbst zu produzieren), und wegen der Nähe zu den Akteuren. Beide Privilegien sind bedroht, die Exklusivrechte sind kürzlich gekippt worden, und in Zeiten der sozialen Medien braucht es keinen Vermittler mehr, um dem Fan Nähe vorzugaukeln. Wozu wird ma einen Journalisten brauchen, wenn Clubs Exklsuivinterviews mit den wichtigsten Spielern vom eigenen PR-Mann machen lassen? Wenn Pressekonferenzen gestreamt werden? Wenn Mitteilungen wie die aktuelle Aufstellung über Twitter und die eigene Seite verbreitet werden können?

Es gibt zarte Ansätze, darauf eine Antwort zu finden: Comedy-Leute mit ins Boot zu holen, lustige bis lustig gemeinte Gesprächsrunden wie Waldis WM-Club oder Samstag LIVE! oder Mein Stadion zu produzieren. Qualitativ alles andere als zufriedenstellend, aber konzeptionell immerhin ein (sehr langsamer) Fortschritt. Aber das sind Nischensendungen, als Experten tanzen immer noch so sagenhaft sprechleere Figuren wie Beckenbauer, Matthäus, Kahn oder Effenberg vor den Mikrofonen eine Choreografie der eigenen Wichtigkeit.

So wie Sky den großen Relevanztanz aufführt, wenn der PR-Abteilung als eine von zwei lobenswerten Eigenschaften eines Neuzugangs wichtig ist, wie „nah der dran“ ist.Weiter weg wär mir lieber.